Wie immer ist sie da. Diese dunkle Vorahnung. Doch wie immer verdränge ich sie in den hintersten Ecken meines Gehirns. Ich pfeife also munter vor mich hin, marschiere voller Tatendrang von der Waschküche im Keller die Treppe zu meiner Wohnung hoch. Tritt für Tritt. Je unheilvoller die Holzstufen unter meinen Schritten zu knarren scheinen, desto lauter beginne ich zu pfeifen.
Vor meiner Zimmertür angelangt, atme ich einmal tief durch, bevor ich eintrete. Erschrocken reisse ich die Augen auf, versuche die Flucht zu ergreifen – doch zu spät. Die Realität lässt sich nicht mehr verleugnen, sie liegt vor mir, lacht mich aus, verhöhnt meine Unbeholfenheit. Verdammt nochmal, denke ich noch, bevor ich mich kopfvoran in den Kampf stürze. Ich ducke mich, wirble herum, schnelle nach oben, um einen erneuten Angriff zu starten. Meine Sinne zum Reissen gespannt, denn ich weiss: Bin ich unaufmerksam, auch nur für einen Wimpernschlag, wird mich das viel kosten. Einmal mehr verfluchte ich meine kleine Körpergrösse, mit der ich einfach nicht gemacht bin für einen Gegner von solcher Statur. Mit einer ungewohnten Entschlossenheit setze ich zum Hieb an
– und zack!
Der sitzt! Adrenalin pulsiert durch meine Adern, mein Puls beschleunigt sich, als ein Gedanke in mir aufblitzt: Diesmal könnte es klappen, heute könnte es so weit sein. Angetrieben davon, greife ich erneut an, kämpfe auf allen Vieren, hieve mich wieder auf die Beine, strecke und recke mich, um gleich darauf wieder unterzutauchen, nach Luft zu schnappen und mit aller Kraft zu zerren. Fast hatte ich es geschafft, den Kampf gewonnen, doch da schlittert es mir aalglatt aus den Fingern. Ich krache zurück, bekomme den äussersten Zipfel aber noch zu fassen und halte mich wie eine Ertrinkende daran fest, laut fluchend.
Plötzlich fällt ein Schatten auf mich. Angestrengt hebe ich den zersausten Kopf. «Hey, kann ich dir helfen?», fragt Nicolas, mein WG-Mitbewohner, seine Augen funkeln amüsiert. Kurz nachdem ich genickt habe – halb dankbar, halb über meine Unfähigkeit verärgert – ist der Kampf auch schon gewonnen. Als ich dann später in den Laken liege, gebe ich mir stumm ein Versprechen, bevor ich erschöpft in den Tiefschlaf gleite: «Nächstes Mal schaffe ich’s. Nächstes Mal ziehe ich dieses Bett ganz alleine an.»