Haben Sie schon mal einen Regenwurm gegessen? Ich schon. War gruusig. Lang und dünn zappelte er zuerst zwischen meinem Daumen und dem Zeigefinger. Ich legte den Kopf in den Nacken, sperrte den Mund sperrangelweit auf, kniff die Augen zusammen. Rein mit dem Wurm. Zweimal vorsichtig kauen, einmal kräftig schlucken.
Jublalager 2008. Wieso ich diesen Wurm gegessen habe, weiss ich gar nicht mehr. Vielleicht bekam ich ein Schoggistängeli vom Lagerkiosk gratis, vielleicht gewann meine Olympiagruppe einen Punkt dazu, vielleicht wollte ich ein Gspändli beeindrucken. Die Gründe, die sind heute zweitrangig. Wichtig ist, was erlebt wurde. Und glauben Sie mir: Erlebt habe ich so manches in diesem Verein. Heute weiss ich, wie es ist, 17 Höibörzu im Schlamm zu machen und drei Wochen später den letzten Dreck zwischen den Zehen wegzukratzen. Wie es sich anfühlt, wenn Altersgenossinnen einem beim ersten Mal Haareglätten fast die Kopfhaut verbrennen («oh mein Gott Chanti, das gsed hammergigageil us») und der Schwarm einem in der Jubladisco dann trotzdem nicht zum Lawinentanz auffordert.
Sitzungen leiten, Termine koordinieren, Gruppenstunden organisieren: Als Jublaleiterin lernte ich viel fürs Leben, als Scharleiterin musste ich erstmals für etwas den Kopf hinhalten. Doch was ich schlussendlich aus den sieben Jahren im Leitungsteam mitnehme, lässt sich in keinem Jahresprogramm nachschlagen, in keinem Sitzungsprotokoll nachlesen. Mit Jublafreunden hatte ich den ersten Suff, von einem Jublafreund bekam ich den ersten Kuss, für Jublafreunde war kein Aufwand ein Muss. Es ist dieses Gefühl, gemeinsam für eine gute Sache an einem Strick zu ziehen. Etwas auf die Beine zu stellen. Zu bewegen.
Nun sage ich:
Danke Jubla!
Für eine gelebte Kindheit. Für Erlebnisse, die prägen. Für Freundschaften, die bleiben. Mit schwerem Herzen gebe ich meinen Austritt bekannt. Es wird Zeit für frischen Wind, junge Gesichter, neue Ideen. Die wiederum dafür sorgen, dass noch ganz viele Höibörzu im Schlamm gemacht, unzählige Lawinentänze getanzt und ja, vielleicht noch ein, zwei Regenwürmer gegessen werden. Denn wo wäre ich heute, hätte ich das nicht getan?