Überall Chia-Samen, an jeder Ecke Goji-Beeren und dazwischen – Berge mit Avocados. Alles ist Quinoa.
Falls Sie nun Chia, Quinoa oder Goji googlen – gehts eigentlich noch? Das müssten Sie wissen. Zumindest, wenn Sie dazu gehören wollen, zu den Hippen und Fitten. Er ist in aller Munde – das Sprichwort ist wörtlich zu nehmen – der Superfood. Supriges Essen. Super für Herz und Kreislauf und Konzentrationsfähigkeit und Spermienqualität und Immunsystem und gegen Krebs und Falten und Pickel. Chia-Samen machen gesund, Avocados machen schön, Goji-Beeren machen fit. Alles vegan, gluten- und laktosefrei. Oh Superfood, du Inbegriff der Weltenretter, du Wegweiser der Öko-Junkies, du Offenbarung der Food-Blogger. Umweltschonende Küche.
Amen.
Wer hier tatsächlich zu Ende gebetet hat, wird zu beichten haben. Von wegen umweltschonend: Glatte Haut und bessere Spermienqualität mal beiseite, entpuppt sich der sogenannte Superfood nicht gerade als super. In Chile brauchts 1000 Liter Wasser für zweieinhalb Avocados, für die Superfrucht werden Wälder gerodet. In Bolivien verdrängt die Quinoa-Monokultur die traditionellen Getreidesorten, das In-Getreide laugt den Boden aus. Und weder Chia-Samen noch Goji-Beeren wachsen auf Schweizer Boden.
Superfood – alles Lug und Trug? Ach was. Supriges Essen – das gibt’s. Haufenweise, direkt vor der Haustür. Brennnesselsamen statt Chia-Samen. Erdbeeren statt Goji-Beeren. Äpfel statt Avocados. Nah und nährstoffreich. Fazit der Geschichte: Man kann jedes Lebensmittel als Superfood bezeichnen, wenn man die richtigen Nährstoffe raussucht. Klingt vielleicht weniger hip, ist aber genauso super.
Und hey: Manchmal tut’s verdammt noch mal auch gut, den ganzen Ernährungswahnsinn zu vergessen. Für einen Moment – adieu gesund und schön und fit, tschau Superfood. Stattdessen gibt es – ja was echt? Ein XXL-Ami-Burger? Ein rotes Thai-Curry? Scharfe mexikanische Tacos?
Nein. Stattdessen gibt’s ein hundsgewöhnliches Konfi-Brot.