Region Am 2. Febraur soll in Willisau ein neuer Bauernverein gegründet werden. Wieso? Der künftige Präsident, der Hergiswiler Joel Wapf, gibt Antwort.
«Es ist wichtig, dass die Anliegen der Landwirtschaft direkt vor Ort erhört werden.» Mit diesen Worten eröffnete Jakob Lütolf, Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes (LBV), die Gründungsversammlung des Bauernvereins Rottal (Ruswil/Grosswangen) im Februar 2017. Nun, rund ein Jahr später, soll in der WB-Region mit dem «Bauernverein Luzerner Hinterland» (Ufhusen, Gettnau, Zell, Willisau, Menznau, Menzberg, Geiss und Hergiswil) ein weiterer Verein gegründet werden. Wieso?
Von Landis abgekoppelt
«Die Bauernvereine sollen den Landwirten eine Stimme im LBV geben», sagt Lütolf. Bis vor wenigen Jahren seien die Sektionen im Hinterland durch die Landis organisiert gewesen. Das habe sich geändert: «Die Landis fusionieren und verlieren so den Bezug zur Landwirtschaft vor Ort. Ausserdem sind sie geschäftsorientiert. Nicht jede Bäuerin, jeder Bauer fühlt sich dem Unternehmen verbunden.» Aus diesen Gründen habe sich der LBV entschlossen, sich von der Landi «abzukoppeln» – in gegenseitigem Interesse. «Bestehende Strukturen wollen wir jedoch keinesfalls zerstören – auch nicht die laufenden Zusammenarbeiten mit den Landis», betont Lütolf. Denn einige Sektionen seien nach wie vor sehr aktiv. Unter dem Motto «Zurück zur Basis» versuche der Verband aber die passiven Regionen wieder vermehrt miteinzubeziehen. «Der letzte weisse Fleck war das Luzerner Hinterland – und das ändert sich nun.»
Kleine Organisationen gefragt
«Es macht Sinn, die Sektion im Hinterland zu reorganisieren», sagt Joel Wapf (29). Der Hergiswiler Landwirt wird voraussichtlich den Bäuerinnen- und Bauernverein (BBV) Luzerner Hinterland präsidieren – die Wahl erfolgt am 2. Februar. Im neuen Bauernverein kann jede Bäuerin und jeder Bauer aus der Region Mitglied werden. Infrage kommen dafür rund 600 Betriebe. «Manche von diesen Bäuerinnen und Bauern sind bereits aktiv und haben sich in irgendeiner Form organisiert», sagt Wapf. «Wir wollen mit dem neuen Verein nichts zerstören, was gut klappt», sagt er. Viel mehr ginge es ihm darum, etwas Einheitliches zu schaffen und die Zusammenarbeit unter den Bauern im Luzerner Hinterland zu verbessern. Ein grosses Gebilde. «Doch gemeindeintern sind nach wie vor die kleinen Organisationen gefragt.»
Nur ein Bürokratiemonster?
Wapf ist ein Mann der ersten Stunde: Seit gut vier Jahren treibt er zusammen mit dem nominierten Vorstand des Bauernvereins (Beat Filliger, Ufhusen; Priska Graber, Zell; Priska Birrer, Menznau und Philipp Keller, Willisau) eine Gründung voran. «Das alles gibt enorm viel Arbeit», so Wapf. Ehrenamtliche Arbeit. Trotzdem sei es ihm der Aufwand wert. Er betont: «Die Landwirtschaft liegt mir am Herzen.» Gut und recht – aber was haben die Landwirte konkret von einem solchen Verein? Ein weiteres Bürokratiemonster? Viele weitere Verpflichtungen? «Es wird sicher viele Bauern geben, die das zuerst denken», sagt er. Und räumt sogleich alle Bedenken zur Seite: «Zuerst soll gesagt sein: Niemand wird gezwungen, dem Verein beizutreten. Und wenn sich eine Bäuerin, ein Bauer dazu entscheidet, so hat sie oder er keinerlei Verpflichtungen.»
Und der Nutzen?
Im Vereinsangebot stehen etwa: Infoveranstaltungen und Vorträge zu aktuellen agrarpolitischen Themen. Zusammenarbeit mit dem LBV. Interessensvertretung gegenüber den Behörden, der Wirtschaft und der Bevölkerung. Gemeinsamer Auftritt der Landwirtschaftbetriebe im Hinterland. Imagepflege der Landwirtschaft in der Region. Wapf hat aber noch ein persönliches Ziel: Er will die Geselligkeit fördern. «So banal das klingen mag, in einer Zeit, in der wir mehr vernetzt sind als je zuvor: Die Bauern sollten sich wieder vermehrt austauschen», sagt er. Früher hätten sich die Bauern noch bei der Käserei getroffen. «Heute muss ich theoretisch meinen Hof nicht mehr verlassen, wenn ich es nicht möchte.» Diese Tatsache sei ein Garant für viele Probleme. «Spricht man miteinander, merkt man auf einmal, dass man mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen hat. So kann gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.»
Ein Macher
Joel Wapf. So heisst wohl der künftige Präsident des Bäuerinnen- und Bauernvereins Luzerner Hinterland. Der 29-Jährige besitzt die Liegenschaft Ober-Nespel in Hergiswil. Der Betrieb war zuvor nicht in Familienbesitz. «Seit dem Kindergarten hatte ich immer nur einen Berufswunsch – Landwirt», sagt er. Doch seine Eltern kamen nicht aus der Landwirtschaft, konnten den Wunsch nicht nachvollziehen. «Deshalb legten sie mir nahe, zuerst einen ‹rechten› Beruf zu erlernen.»
Vom Landschaftsgärtner zum Agrotechniker
Wapf absolvierte eine Lehre als Landschaftsgärtner. Kaum hatte er den Abschluss in der Tasche, machte sich Wapf sogleich an die Ausbildung zum Landwirt und danach noch zum Agrotechniker. Zu dieser Zeit arbeitete er bereits im Luzerner Hinterland bei Verwandten in der Landwirtschaft. Über Umwege kam er so zur Liegenschaft Ober-Nespel – der damalige Besitzer hatte nämlich keinen Nachfolger, der den Betrieb hätte übernehmen können.
Neustes Projekt: Solaranlage
Ein Foto-Album zeigt: seit der Übernahme vor vier Jahren hat Wapf den Betrieb gründlich auf Vordermann gebracht. Fertig ist er noch lange nicht: «Es gibt noch viel zu tun», sagt er. Sein neustes Projekt: eine Solaranlage auf dem Dach. Aber eins nach dem anderen – «schliesslich habe ich sonst schon viel zu tun.»
Verantwortlich für 140 Betriebe
Nebst dem Bauernalltag (Milchwirtschaft mit 30 Kühen und Kälbermast) ist Wapf noch als Landwirtschaftsbeauftragter der Gemeinde Hergiswil unterwegs. Will heissen: Er ist zuständig für 140 Betriebe. Er erhebt die Daten, instruiert die Landwirte bei Neuerungen, ist Ansprechsperson bei Problemen.
Nicht jammern, machen
Aber wie kommt er mit so viel Arbeit zurecht? «Ich machs einfach gern – dann geht es von alleine», sagt er. «Ausserdem muss bei mir immer etwas laufen, das liegt in meiner Natur.» Nicht jammern, machen; so lautet Wapfs Devise. Und man glaubt ihm sofort.