Mit den Gedanken spielen

Nervös schiebt er sich die schmale Brille zurück auf die Nase, tippt mit seinem blank gescheuerten Lederschuh auf der Stelle. Endlich: Die Ampel ist rot. Der Anzugsmann – Klaus – hastet über die Strasse, die Aktentasche unter den Arm gepresst, die Schultern gebeugt, die Stirn gerunzelt. Grimmig. Seit Jahren. Ein Kreativ-Kopf, gefangen im Grossraumbüro. Er hat «was Anständiges gelernt», wie es ihm Klaus Senior nahegelegt hat. Dabei würde er lieber Geschichten malen, anstatt Zahlen beigen. In der dritten Schublade seines Schreibtischs, zwischen Taschenrechner und Locher, liegen bunte Stifte. Griffbereit. Und so entstehen zwischen roten und schwarzen Zahlen ab und zu kunterbunte Zeichnungen.

Zwar gibt es den Anzugsmann an der Ampel, wahrscheinlich aber nicht den kreativen Klaus. Ihn habe ich mir ausgedacht, wie ich da an der ihm gegenüberliegenden Seite auf das Grün der Ampel wartete. Gedankenspielerei. Das mag ich.

Ausserdem mag ich Buchstabensuppe ohne Suppe, Menschen mit Muse, grosse Pullis und kleine Blumen. Obwohl ich keine Kirchgängerin bin, mag ich die Ruhe in leeren Gotteshäusern. Genau so wie laut aufgedrehte Musik in der Küche. Beim Kochen schnause ich gerne von der Pfanne – am allerliebsten mag ich Knöpfli frisch aus dem sprudelnden Salzwasser, garniert mit einem Hauch Butter und einer Prise Salz. Ich mag es, wenn jemand ein Treffen absagt, und ich unerwartet frei habe. Ich mag Sonnenstrahlen, die sich durch das Dickicht eines Waldes kämpfen – und das Grün des Mooses, das mag ich auch. Ich mag es an einer Tüte mit Kaffeebohnen zu inhalieren. Ich mag die Tage, an denen ich meine Argumente auf den Punkt bringe, der Wäschekorb leer ist und alle Whatsapp-Nachrichten beantwortet sind. Ich mag den Adrenalinrausch, wenn ich knapp dran bin für einen Termin, es aber trotzdem noch schaffen könnte. Ich mag Teeränder und Rotweinflecken auf dem Holztisch.

Ich mag es, dass Sie sich wohl soeben fragen: Worauf, zur Hölle, will die hier hinaus? Nun, ich verrate Ihnen, was ich ganz besonders mag: den letzten Punkt hinter einen Text zu setzen.