Buttisholz Weitum ist es bekannt: das Haus in der Schürmatt, welches Jahr für Jahr pünktlich zur Adventszeit unter Zehntausenden Lichtlein erstrahlt. Der WB warf einen Blick hinter die schillernde Fassade und traf auf einen herzensguten «Weihnachtselfen».

Dezemberabend. Einzelne Schneeflocken tänzeln in der kalten Luft, schmelzen wieder, kaum haben sie den Boden berührt. Statt Schneeweiss ist es das Nachtschwarz, das sich wie eine Decke über die Spitzen der Tannen und Dächer der Dörfer legt. Die Welt versinkt in Dunkelheit. Alle Welt? Nein, nicht ganz. Ein Häuschen am Rande von Buttisholz scheint regelrecht gegen die Schwärze zu rebellieren. Unscheinbar bei Tage, verwandelt es sich nach Einbruch der Nacht in ein leuchtendes Adventswunder: Hunderte Leuchterketten mit wiederum Zehntausenden Lämpchen hüllen das Haus und die Umgebung in weihnächtlichen Glanz. Von weither kommen Leute mit Kind und Kegel, um das Liechtli-Haus in Buttisholz zu sehen. An der Strasse unter dem Haus stehen und staunen sie, knipsen Fotos – und verschwinden wieder. Der «Böttu» wagte sich an die Haustür der schillernden Fassade. Klopft an. Schritte ertönen. Die Tür wird geöffnet. Weisse Haare, Lachfalten um die Augen und ein wacher Blick: Das freundliche Gesicht von Josef Marti erscheint im Türrahmen. «Ja, ich bin der Mann hinter dieser verrückten Weihnachtsbeleuchtung», bestätigt er, lacht und weist mit grosser Geste hinter sich. «Kommen Sie nur rein in die warme Stube!»

Nach einem Schicksalsschlag geht das Leben weiter
Während Marti «Sepp», wie ihn alle nennen, an der Kaffeemaschine hantiert, erzählt er von seinem Leben. Geboren und aufgewachsen ist er hier, in der Schürmatt, als Jüngster von fünf Kindern und einziger Bub. Er übernahm den Hof, ein kleiner Betrieb mit Milchwirtschaft, und fuhr hauptberuflich 40 Jahre lang Lastwagen. 30 Jahre spielte er in der Feldmusik, 30 Jahre diente er in der Feuerwehr. Er ist 72 Jahre alt – so wie er steht und geht, denkt und redet, wird er häufig jünger eingeschätzt. Dabei hat er bewegte Zeiten hinter sich: Vor drei Jahren verstarb seine geliebte Rosmarie, seine Ehefrau und die Mutter der gemeinsamen sechs erwachsenen Kinder, an Kehlkopfkrebs. «Wir wussten alle Bescheid, trotzdem hat uns ihr Tod überrascht», sagt Sepp Marti, stellt die Kaffeetassen auf den langen Tisch, bleibt stehen. Sein Blick verweilt beim Küchentresen, wo das gerahmte Foto seiner «Romy» steht, umgeben von tonernen Engeln und einem flackernden Kerzlein. «Gäu, du», sagt er, und nickt in ihre Richtung, bevor er sich hinsetzt, die Hände verschränkt, die Schultern aufrecht, ein warmes Leuchten in den Augen. «Das Leben geht weiter», sagt er. «Ich geniesse jede Sekunde, in der ich gesund sein darf.» Dabei ist die Adventszeit seit jeher eine seiner liebsten Phasen des Jahres – die er entsprechend zu würdigen weiss.

Alles begann mit einem Tannenbaum
Bereits als kleiner Bub war Sepp Marti fasziniert von Lichterketten. Er sparte sich sein Sackgeld zusammen, um im Baumarkt eine zu kaufen. «Ich weiss noch, wie stolz ich darauf war – diese Lichterketten waren damals schliesslich eine absolute Rarität», erzählt er. Er schmückte ein Bäumchen vor dem Haus mit den Lichtern. «Und so sind dann irgendwie Jahr für Jahr immer mehr Sachen dazugekommen.» So richtig «im grossen Stil» habe er Haus und Umgebung vor 15 Jahren angefangen zu schmücken. «Es ist wie eine Sucht – einmal angefangen, kommst du nicht mehr davon los», sagt er und lacht. Doch bald wird klar: Ganz so entspannt, wie er tut, ist das weihnächtliche Unterfangen nicht. «Ja, es gibt recht zu tun», sagt Marti.

 

Hervorräumen, sortieren, testen, flicken, installieren
Anfang November beginnt er mit den Vorbereitungen. Er räumt die vielen Kisten aus einem Ecken der Scheune und entwirrt die Hunderten von Lichterketten – «es ged nämli ame es riese Gnosch.» Er sortiert, testet, flickt während zwei Tagen, dann fängt er zuoberst am Dachgibel mit installieren an – schwindelfrei sollte man da sein. «Wie viele Stunden Arbeit das gibt? Unmöglich zu sagen! Würde man alles zusammenrechnen, so käme ich wahrscheinlich etwa auf 14 Arbeitstage.» Vieles hat der Buttisholzer ganz selbst gestaltet und kreiert. So etwa die Kerzen am Wegesrand oder der ­Samichlaus mit den Rentieren (unten, links im Bild). Dafür hat er ein Bild aus dem Internet ausgedruckt, die Formen vergrössert – «wie wirs dazumal noch in der Schule gelernt haben» – Eisenstangen entsprechend zurechtgebogen und mit Lichterketten ausgestattet.

Ein magischer Moment, der für Gänsehaut sorgt
Und dann, kurz vor dem ersten Advent, ist es so weit: Zum ersten Mal erstrahlen die Lichtlein im Dunkeln. Sepp Marti hat ein Familienanlass daraus gemacht: Alle seine Kinder und Grosskinder kommen in die Schürmatt, es gibt ein Fondue im Freien, Punsch und Glühwein, die Augen auf das Haus gerichtet. «Wenn es dann so weit ist und alles klappt, bekomme ich jedes Mal Gänsehaut», so Marti. Doch er betont: «Ich mache das weniger wegen mir und mehr, um anderen eine Freude zu machen.» Er habe «Freude an der Freude», betont er immer wieder. Die vielen lieben Rückmeldungen von Schaulustigen ermuntern ihn Jahr für Jahr weiterzumachen. «Selbst im Hochsommer werde ich auf meine Weihnachtsbeleuchtung angesprochen», sagt Marti. Besonders freuen ihn direkte Rückmeldungen vor Ort. «Die Leute sind jederzeit eingeladen, bei mir anzuklopfen und ein Besuch abzustatten.»

Ein guter Kaffee, ein herzliches Gespräch und ein Einblick hinter die Kulissen dieses Weihnachtswunders sind garantiert. Und wenn man dann wieder draussen in der Dezembernacht steht, man die Strasse nach unten läuft, mitten in die Nachtschwärze hinein, sich umdreht, und das Häuschen von Sepp Marti sieht, wie es leuchtend und funkelnd der Dunkelheit trotzt, dann wird einem warm ums Herz. Man realisiert: Auch ohne Adventskalender kann man Türen öffnen. Und schöne Begegnungen geschenkt bekommen.

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