Grüezi beim Bäcker, Grüezi im Bus, Grüezi beim Gang durch das Dorf. Grüezi sagen ist selbstverständlich. Für uns. In der Stadt ganz und gar nicht. Verständlich bei den Menschenmassen. Doch aufgrund fehlendem Gruss wirkt der Städter oft irgendwie mürrisch und gehetzt. Sieben Tage Regenwetter in den Mundwinkeln und ein Gewittersturm in den Beinen. Dieser Eindruck bleibt nach einem Stadtbesuch. Husch und Hüü immerzu.

Da hat Grüezi keinen Platz mehr. Oder doch? Ich versuche es. Der Plan ist so simpel wie genial: durch die Stadt laufen und grüssen. «Grüessech» versuche ich’s sogleich bei einem älteren Herrn mit Hut. Keine Reaktion. Er hat mich wohl nicht gehört. «Grüessgott» sage ich laut und deutlich zur Dame mit Hund. «An den glaub ich schon lange nicht mehr», antwortet sie. Nun gut. Nur nicht beirren lassen. «Sali zäme» grüsse ich die Gruppe Meitschis am Seeufer. Kein Blick weg vom Smartphone, die Welt jenseits von Selfies und Emojis ist eine ferne. Das nächste «Grüezi» geht an den Mann im Anzug. Er hat mich gehört. Er schaut mir direkt in die Augen. Er runzelt die Stirn. Er öffnet seinen Mund. Er geht an mir vorbei, ohne ein Wort zu sagen. Scheissstädter.

Langsam, aber sicher reicht’s mir. Was ist denn so schwer an einem Grüezi? Nach vier weiteren erfolglosen Begrüssungen gebe ich mich geschlagen. «Grüezi» ist hier ein Fremdwort. Frustriert schaue ich mein Spiegelbild im Schaufenster an – sieben Tage Regenwetter.

Husch und Hüü, grusslos gehe ich zurück zum Bahnhof. Setze mich auf eine Bank, beobachte die Tauben.

Plötzlich passierts, eine Stimme, scheinbar aus dem Nichts: «Grüezi». Mir stockt der Atem, der Kopf schnellt in die Höhe, die Augen weiten sich voller Hoffnung. «Grüezi», wiederholt er, derMann in Lumpen. «Wenn Sie mer es Fränkli hätte, es wörd mech glöcklech mache.» «Gopfried Stutz» – ich zück mein Portemonnaie. Zumindest er ist nun happy.

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